Auch heute noch zählen Bauch- und Flecktyphus zu den großen Seuchen, die in Not- und Kriegszeiten auftreten können. Paratyphus verläuft mit ähnlichen Symptomen wie Bauchtyphus, meist allerdings leichter.
Der Begriff Typhus hat seinen Ursprung in dem griechischen Wort typhos (Dunst, umnebelter Geist), mit dem die schwere Benommenheit der Typhus-Erkrankten bezeichnet wurde. Vor Jahrhunderten wusste man schon um die Typhus-Seuchen. Aber erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts begannen Wissenschaftler, sie genau zu erforschen. Man unterscheidet Bauchtyphus – in der Fachsprache auch als Abdominaltyphus bezeichnet – und Flecktyphus. Ersterer wird von Salmonella typhi verursacht, letzterer von Rickettsia prowazeki. Diese Erreger gehören zwei verschiedenen Gruppen von Mikroorganismen an, und insofern haben die beiden Erkrankungen eigentlich nichts miteinander zu tun. Bauchtyphus gehört zu den Salmonellen -Erkrankungen, Flecktyphus zu den Rickettsiosen. Salmonellen sind eine Bakteriengattung, Rickettsien dagegen Mikroorganismen, die sich wie Viren in lebenden Zellen vermehren, dabei aber wie Bakterien einen eigenen Stoffwechsel haben. Der gemeinsame Name Typhus entwickelte sich aus der Beobachtung, dass beide Krankheiten mit anhaltendem hohem Fieber, Bewusstseinstrübung sowie typischen Hautausschlägen, Exanthemen, einhergehen.
Im modernen Sprachgebrauch wird der Flecktyphus meist als Fleckfieber bezeichnet. Auch von einer Salmonellenart verursacht wird der Paratyphus. Er verläuft in fast allen Symptomen wie der Bauchtyphus; der Verlauf ist nur leichter. Man unterscheidet die Erkrankungsformen nach den Erregern Salmonella paratyphi A und B. In Europa spielt nur der Paratyphus B eine Rolle. Salmonellen werden durch Kontakt mit Erkrankten beziehungsweise deren Ausscheidungen oder mit verseuchten Lebensmitteln, insbesondere verseuchtem Trinkwasser, weitergegeben. Man nimmt die Erreger immer oral, daher über den Mund auf. Die Inkubationszeit, also die Zeit von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Krankheit, beträgt normalerweise zehn bis vierzehn Tage. Die aufgenommenen Typhus-Erreger treten über den lymphatischen Rachenring und dessen Mandeln sowie über die Schleimhaut des unteren Dünndarms in den Organismus ein. Sie besiedeln die nächstgelegenen Lymphknoten und streuen dann in den Blutkreislauf beziehungsweise in den ganzen Körper.
Typhus beginnt wie eine Grippe mit uncharakteristischen Allgemeinbeschwerden, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Leibbeschwerden. Häufig gehen diese Symptome mit Verstopfung einher, nur gelegentlich mit Durchfall. Die Temperatur steigt im Laufe einer Woche nach einem klassischen Muster treppenförmig an. Sie ist abends höher als morgens und schraubt sich bis zum Ende der ersten Krankheitswoche bis auf 40 Grad Celsius hoch. Der Allgemeinzustand des Patienten ist nach einer Woche sehr schlecht. Er leidet an starken Kopfschmerzen und Schwindelgefühl. Vielen Betroffenen machen auch die Bronchien Beschwerden (Bronchitis), gelegentlich kommt es zu Lungenentzündung. Typisch ist ein Hautausschlag mit umgrenzten roten Flecken am Rumpf, die als Roseolen bezeichnet werden. In diesem Krankheitsstadium kann der Erreger in Blutkulturen gezüchtet und so der Nachweis für Typhus erbracht werden. Das Labor könnte auch schon versuchen, Antikörper (Stoffe, die das Immunsystem gegen die Erreger bildet) nachzuweisen. Erst in der zweiten Krankheitswoche finden sich die Erreger im Stuhl des Patienten. Mit der zweiten Krankheitswoche beginnt auch das zweite Stadium, für das über ein bis zwei Wochen anhaltend hohes Fieber mit 40 Grad Celsius kennzeichnend ist. Der Patient leidet unter einer starken Bewusstseinseintrübung, ist häufig im Delirium. Die Schleimhäute sind ausgetrocknet, der Bauch ist aufgetrieben, die Milz angeschwollen. Es kommt zu erbsbreiähnlichem Stuhl.
Während dieser beiden Wochen geht der Erreger aus dem Blut in die Organe über. Die schwersten Komplikationen treten meist im Darm auf. An dessen unterem Ende befinden sich in bestimmten Abständen Ansammlungen von Lymphgewebe, das bei Typhus anschwellen und dann geschwürig zerfallen kann. Die Folge sind schwere Darmblutungen, eventuell ein Darmdurchbruch. Die folgenden drei Wochen sind das Krankheitsstadium mit den schwersten Symptomen und Komplikationen. Ein unbehandelter Patient ist todkrank. Sein Unterleib ist aufgetrieben, und er verfällt in eine Starre, die schon als Koma bezeichnet werden kann. Lebensgefahr besteht durch die Blutungen aus den Darmgeschwüren: Infolge des Blutverlustes kann es zum Kollaps beziehungsweise Schock (Herz-Kreislauf-Versagen) kommen.
Häufig ist die Situation außerdem durch ein Myokarditis (Herzmuskelentzündung) oder eine Lungenentzündung äußerst erschwert. Im Laufe der vierten Woche setzt eine langsame Entfieberung ein. Spätkomplikationen sind jedoch nicht ausgeschlossen. Insbesondere kommt es zu Gallenblasenentzündungen, weil sich dort die Typhus-Bakterien ansiedeln. Nach einer überstandenen Typhus-Erkrankung scheidet der Patient in der Regel noch drei bis vier Monate Typhus-Erreger aus, so dass die Ansteckungsgefahr nach wie vor groß ist. Es werden regelmäßige Nachuntersuchungen durchgeführt. Solange die Patienten noch Ausscheider sind, müssen sie besondere Hygienemaßnahmen ergreifen.
Therapie
Behandelt wird Typhus heutzutage mit dem Antibiotikum Chloramphenicol. Man erreicht damit im allgemeinen, dass die Krankheit nach etwa fünf Tagen abklingt. Obwohl dieses Mittel lebensgefährliche Nebenwirkungen haben kann, wodurch die Blutzellenbildung im Knochenmark unterbunden wird, setzen die Ärzte es ein, weil es noch keine Alternative dazu gibt. Der Einsatz dieses Antibiotikums ist gerechtfertigt, da es die epidemische (seuchenartige) Ausbreitung der Krankheit verhindert.
Ausbreitung
Es ist bisher nicht gelungen, den Erreger ganz auszurotten. Das hat sich als sehr schwierig erwiesen, da infizierte Menschen unter Umständen zu Dauerausscheidern werden. Obwohl äußerlich kerngesund und symptomfrei, scheiden sie trotz überstandener Krankheit über Jahre oder sogar ein Leben lang Erreger aus. Sie dienen den Salmonellae typhi – und auch paratyphi – als Wirte.
Die Mikroorganismen können sich nämlich in der Gallenblase ansiedeln und dort jahrelang überleben, so dass immer wieder Erreger durch den Gallengang und über den Darm den Körper verlassen können. Man spricht von Dauerausscheidern, wenn die Patienten länger als ein Jahr nach der Erkrankung noch Erreger ausscheiden. Vor der Ära der Antibiotika wurden etwa zwei Prozent der Typhus-Kranken zu Dauerausscheidern. Diese werden heutzutage mit gutem Erfolg mit dem Antibiotikum Ampicillin behandelt. Gelingt es nicht, die Dauerausscheidung von Typhus-Bakterien zu unterbinden, muss unter Umständen die Gallenblase entfernt werden. Man hat sonst keine Chance, die Erreger unter Kontrolle zu bringen und das Aufflackern von Typhus zu verhindern.
Neben der Behandlung der Dauerausscheider ist es zur Vorbeugung gegen Typhus wichtig, die Abwässer und Fäkalien den Vorschriften der Gesundheitsbehörde entsprechend zu beseitigen und das Trinkwasser keimfrei zu halten. Man kann sich gegen Typhus impfen lassen. Diese Maßnahme empfiehlt sich, wenn man in ein Land mit niedrigem hygienischem Standard reist. Der Impfstoff verleiht einen guten, aber keinen vollständigen Schutz. Man sollte grundsätzlich Nahrungsmittel meiden, die verseucht sein könnten.