Die Tuberkulose wird vorwiegend durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Dank verbesserter Lebensbedingungen ist die früher so gefürchtete Krankheit in westlichen Industrieländern selten geworden.
Die Tuberkulose (häufig Tuberkulose abgekürzt) ist eine Infektionskrankheit und weltweit verbreitet. Zwar konnte die Tuberkulose in westlichen Ländern durch Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen weitgehend zurückgedrängt werden, in der Dritten Welt bleibt sie aber – vor allem für Kinder – eine der großen tödlichen Bedrohungen. Erreger der Tuberkulose beim Menschen ist das Bakterium Mycobacterium tuberculosis humanum. Ein anderer Erreger-Typ – Mycobacterium bovinum – befällt vorwiegend Rinder, kann jedoch beim Menschen ebenfalls eine Tuberkulose auslösen. Von der Tuberkulose ist hauptsächlich die Lunge betroffen, aber auch andere Organe können erkranken. In Mitteleuropa ist die Infektion der Lunge – die pulmonale Tuberkulose – die bei weitem häufigste Form der Erkrankung. In Afrika ist außerdem die Infektion des Bauches – die abdominale Tuberkulose – weit verbreitet.
Entwicklung der Tuberkulose
In früheren Zeiten sind die meisten Menschen auch in Mitteleuropa schon in jungen Jahren mit Tuberkulose-Bakterien in Berührung gekommen. Dieser frühe Kontakt führt zu einer Infektion, die als Primär-Tuberkulose bezeichnet wird, ein Prozess, der in vielen Fällen ohne wesentliche Krankheitszeichen ablaufen kann. Diese Erstinfektion ist die Folge des Kontaktes mit einem Menschen, der an offener Tuberkulose leidet. Darunter versteht man eine Form der Erkrankung, bei der mit jedem Hustenstoß des Tuberkulose-Kranken große Mengen von Bakterien aus der Lunge herausgeschleudert werden. Wenn nur relativ wenige Bakterien eingeatmet werden, bleibt die Primär-Tuberkulose in der Regel eine harmlose, unbemerkte Infektion. Sie trägt dazu bei, daß eine Teilimmunität aufgebaut wird. Auf diese Weise wird bei einem späteren Kontakt mit Erregern offenbar verhindert, dass sich das volle Krankheitsbild einer Tuberkulose entwickelt.
Ob das Eindringen von Tuberkulose-Bakterien tatsächlich zur Erkrankung führt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben der Anzahl dieser Bakterien spielt ihre Virulenz (Agressivität) eine Rolle, ferner der Grad der Widerstandskraft des Betroffenen. Formen der Krankheit, die erst Jahre später nach der eigentlichen Infektion ausbrechen, bezeichnet man als postprimäre Tuberkulose. In diesem Falle ist die bei der Erstinfektion erworbene Immunität zusammengebrochen. Die Gründe hierfür sind unterschiedlichster Natur. So kann der Körper zum Beispiel während der Pubertät oder im Alter in dieser Weise gefährdet sein. Auch Unterernährung, Alkoholismus und verschiedene allgemein schwächende Erkrankungen begünstigen den Ausbruch der Tuberkulose. Gefahr besteht außerdem für Menschen mit Immunschwäche, etwa nach langer Kortisontherapie, bei Leukämie und AIDS.
Komplikationen bei Primär-Tuberkulose
Obgleich die Primär-Tuberkulose oft harmlos verläuft, kann sie sich unter Umständen zu einer schweren Krankheit entwickeln, etwa bei Säuglingen und Kleinkindern oder bei Kindern, die bereits durch eine Krankheit geschwächt sind. Der ursprüngliche Infektionsherd befindet sich fast immer in den Lungen. Bei der Erstinfektion entzündet sich ein kleiner, begrenzter Bereich in der Lunge. Dieser Prozess löst eine Reaktion der Lymphknoten aus, die Lymphflüssigkeit aus dem betroffenen Teil der Lunge beziehen und filtern. Den Entzündungsherd und die Vergrößerung der belasteten Lymphknoten bezeichnet man als Primärkomplex. In der Mehrzahl der Fälle werden die lebenden Tuberkulose-Bakterien im Primärkomplex von den Lymphknoten zurückgehalten und breiten sich nicht weiter aus. In Einzelfällen kann bei Kindern und Heranwachsenden mit einer Primär-Tuberkulose dieser Abwehrmechanismus schon bald nach der Infektion außer Kraft gesetzt sein. Die Bakterien haben nun die Möglichkeit, sich auf dem Blutwege im ganzen Körper auszubreiten. Es kommt zu einer lebensgefährlichen Verlaufsform der Krankheit.
Diese Miliar-Tuberkulose geht mit schwersten Symptomen einer allgemeinen Erkrankung, Gewichtsabnahme und hohem Fieber einher. Sie lässt sich mit Hilfe einer Röntgenaufnahme des Brustkorbes diagnostizieren, die beide Lungenflügel voller winziger Knötchen zeigt (daher der Name Miliar-Tuberkulose, Milium bedeutet: Hirsekorn). Jedes Knötchen bildet einen tuberkulösen Infektionsherd. Die allgemeine Ausbreitung der Krankheit bald nach der Erstinfektion führt gelegentlich auch zu einer Infektion des Zentralnervensystems. Die Meningitis tuberculosa ist eine Form der Hirnhautentzündung, die oft schleichend einsetzt und sich über mehrere Wochen entwickelt. Erste Anzeichen sind allgemeines Unwohlsein, leichtes Fieber, Kopfschmerzen – ein bei Kindern sehr ungewöhnlicher Beschwerdekomplex – und gelegentlich auch Krampfanfälle. Später steigt das Fieber, und es stellen sich als weitere Symptome anhaltende Schläfrigkeit, Benommenheit und Nackensteifigkeit ein. Schließlich kommt es zu Ausfällen einzelner Nerven, etwa Nerven, die die Augenmuskeln kontrollieren. Diese Meningitis ist sehr bedrohlich und bedarf einer frühzeitigen Behandlung.
Zum Zwecke der Diagnose wird eine Lumbalpunktion vorgenommen. Sie ermöglicht die Untersuchung der Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor). Ein Befund, der auf eine Meningitis tuberculosa hindeutet, ist ein gegenüber dem Blutzucker stark erniedrigter Zuckerspiegel im Liquor. Obgleich der Primärherd in den Lungen angesiedelt ist, kommt es meist erst im postprimären Stadium zu Lungenbeschwerden. In einigen Fällen von Primär- Tuberkulose reagiert das Immunsystem aber bereits im Erststadium der Krankheit zu schwach auf die eingedrungenen Erreger. Dadurch gelangen Bakterien in eine der Bronchien, die den betroffenen Lungenlappen mit Atemluft versorgen. In diesen Fällen kann es zur offenen Tuberkulose kommen. Ansteckungsgefahr besteht über Tröpfcheninfektion, das heißt durch Niesen, Husten, Spucken. Bei geschlossener Tuberkulose besteht dagegen keine Ansteckungsgefahr. Die Krankheit kann sich aber beim Betroffenen durchaus im Körper ausbreiten und zum Tode führen.
Die meisten Fälle einer tuberkulösen Lungenkrankheit treten erst viele Jahre nach der Erstinfektion auf. Tatsächlich kann sich der Primärherd in allen Lungenlappen entwickeln, während sich die postprimäre Infektion weitaus häufiger in den oberen Abschnitten der oberen Lungenlappen ansiedelt. Man spricht dann von Lungenspitzenherden. Im oberen Teil der Lungen können sich Kavernen (Hohlräume) bilden, die durch Einschmelzung von Gewebe entstehen. Unbehandelt führt die Lungentuberkulose unter Umständen – bei MiTuberkuloseeteiligung des Brustfells – zur Brustfellentzündung (Pleuritis). Es entsteht eine Flüssigkeitsansammlung in dem die Lungen umgebenden Pleuraraum und in der Folge eine narbige Schwartenbildung sowie eine die Lunge einsteifende Bindegewebsbildung (Fibrose).
Charakteristisch für die Tuberkulose: Die von ihr hinterlassene Fibrose ist voller Kalk und daher sehr starr. Eine Lunge, die von der harten Hülle einer knochenartigen Fibrose umgeben ist, kann sich nicht frei bewegen. Folglich ist die Atmung schwer beeinträchtigt. Manchmal betrifft dieser Prozess auch die membranartigen Häute (das Perikard), die das Herz umgeben. Eine tuberkulöse Perikarditis (Herzbeutelentzündung) kann das Herz so weit einschnüren, dass es nicht mehr genug Blut durch den Körper pumpen kann. Normalerweise bereitet es dem Arzt keine Probleme, eine Lungentuberkulose zu diagnostizieren. Bei jeder ausgeprägten Infektion sind auf dem Röntgenbild des Brustkorbes recht deutliche Veränderungen – vor allem in den oberen Abschnitten der beiden Lungenflügel – zu erkennen. Nicht immer jedoch ist die Röntgenaufnahme allein ausreichend, etwa wenn beurteilt werden soll, ob die Veränderungen von einer frischen oder alten (ausgeheilten) Tuberkulose-Infektion herrühren.
Zur Erhärtung der Diagnose dient die mikroskopische Untersuchung des Auswurfs (Sputum), der Flüssigkeit, die in den Atemwegen gebildet wird. Bei einer schweren, offenen Infektion finden sich darin zahlreiche Tuberkulose- Bakterien. Diese erscheinen als feine rote Stäbchen, wenn ein spezielles Verfahren, die Ziehl-Neelsen-Färbung, angewendet wird. Das Vorhandensein von Bakterien bei der Einfärbung des Sputums ist von größter Bedeutung. Sind keine Bakterien vorhanden, kann der Patient auch nicht infektiös sein. Selbst dann nicht, wenn durch das Röntgenbild oder die spezifischen Symptome oder beispielsweise Gewebsproben zu einem späteren Zeitpunkt Tuberkulose bei ihm diagnostiziert werden sollte. Falls die direkte Einfärbung Bakterien nachweist, liegt eine offene Tuberkulose vor.