Die Bewohner der Tropen sind in besonderem Maße durch Krankheiten gefährdet. Die Ursachen dafür sind vielfältig, doch schlechte Lebensverhältnisse und mangelnde ärztliche Versorgung stehen an erster Stelle.
Trotz aller Fortschritte der modernen Medizin fordern die Tropenkrankheiten auch heute noch zahllose Opfer. Obwohl bekannt ist, wie die meisten dieser Krankheiten übertragen werden – so dass eine Vorbeugung in großem Maßstab möglich wäre – und wie man sie behandeln kann, verursachen sie immer noch großes Leid.
Blindheit, Lähmungen, Verstümmelungen, Siechtum und ein früher Tod gehören zu ihren Folgen. Verhältnismäßig wenige Krankheiten kommen ausschließlich in den Tropen vor: Krankheiten wie Lepra oder die Pest, die heute allgemein den Tropen zugeordnet werden, waren früher auch in Europa weit verbreitet. Daneben gibt es Krankheiten wie Masern oder Tuberkulose, die für einen Europäer oder Nordamerikaner keine große Bedrohung darstellen, die jedoch in den Tropen immer noch verheerende Auswirkungen haben: Unterernährte afrikanische Kinder sterben 400mal häufiger an Masern als europäische Kinder.
Die meisten Tropenkrankheiten gehen zwar auf Viren, Bakterien und Parasiten zurück, aber auch die Folgen der Unterernährung und sogar Schlangenbisse können als Tropenkrankheiten bezeichnet werden.
Mangelhafte Hygiene
Folglich gibt es keine klar umrissene Definition der Tropenkrankheiten; gemeinsam ist ihnen nur, dass sie in der Regel mit warmem Klima, mit Armut und mangelhaften hygienischen Zuständen in Verbindung zu bringen sind. Die Pocken sind die einzige Krankheit, die vom Menschen ausgerottet worden ist. Der Feldzug gegen die Pocken begann 1967, dauerte zehn Jahre und kostete 200 Millionen Dollar. Diesen Erfolg brachte zum einen die beispiellose internationale Zusammenarbeit, zum anderen die Tatsache, dass ein ungefährlicher, billiger und wirkungsvoller Impfstoff in großem Umfang zur Verfügung stand.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO, World Health Organization) bestätigte im Jahr 1980 offiziell, dass es keine Pocken mehr gibt. Leider ist nicht damit zu rechnen, dass wir in absehbarer Zeit auch andere, vor allem in den Tropen vorkommende Krankheiten ausrotten werden; viel mehr Forschung ist nötig, und die erforderlichen Kosten sind gewaltig. Die WHO hat jedoch beschlossen, dass die folgenden sechs Tropenkrankheiten in Zukunft vorrangig zu bekämpfen sind.
Malaria
An Malaria erkranken jedes Jahr etwa 200 Millionen Menschen, und eine Million stirbt jährlich daran. Diese Infektionskrankheit ist wieder auf dem Vormarsch. Denn viele der Erreger (Plasmodien) sind inzwischen gegen die herkömmlichen Medikamente resistent, ebenso die Mücken – die die Plasmodien übertragen – gegen Insektizide. Dennoch besteht weiterhin die Hoffnung, dass ein Malaria-Impfstoff entwickelt werden kann, und ein relativ neues Malariamedikament (Primaquin) verspricht im Kampf gegen die Malaria eine wichtige Waffe zu werden.
Bilharziose und Schlafkrankheit
Die Bilharziose oder Schistosomiasis ist eine schwere, manchmal tödliche Krankheit; etwa 200 Millionen Menschen sind infiziert. Ausgelöst wird sie von wurmartigen Tieren (Trematoden) der Gattung Bilharzia oder Schistosoma, die in der Leber, im Darm und in der Blase leben. Aus Eiern, die mit dem Urin und mit dem Kot den Körper verlassen, schlüpfen im Wasser die Larven (Myrazidien), die bestimmte Süßwasserschnecken infizieren. In diesen Schnecken wächst daraufhin eine andere Larvenform (Zerkarien) heran, die die Schnecke wieder verlässt, ins Wasser gelangt und sich beim Menschen durch die Haut bohrt. Mit dem Blut, wo sich die Zerkarien zu Würmern entwickeln, wandern die Parasiten in die Leber.
Die Schlafkrankheit, die von der Tsetsefliege übertragen wird, hat große Flächen Afrikas für den Menschen und seine Viehherden unbewohnbar gemacht. Verursacht wird die Krankheit von winzigen einzelligen Parasiten (Trypanosomen), die im Blut und im Gehirn leben und dem Nervensystem schwere Schäden zufügen. Die Schlafkrankheit lässt sich im Frühstadium mit dem Wirkstoff Suramin gut behandeln. Im fortgeschrittenen Stadium jedoch ist die Behandlung schwierig, und es gibt keinen Impfstoff. Die Schlafkrankheit stellt für Besucher afrikanischer Wildparks eine Gefahr dar; sie sollten sich deshalb besonders gegen Insekten schützen. Um die Krankheit nachhaltig zu bekämpfen, müsste die Tsetsefliege ausgemerzt werden. Aber diese Aufgabe ist zur Zeit noch zu kostspielig, als dass sie in großem Stil in Angriff genommen werden könnte.
Lepra oder Aussatz
Die Lepra findet weltweit immer noch ungezählte Opfer – von schätzungsweise zwölf Millionen Leprakranken sind derzeit lediglich drei Millionen in Behandlung. Bei einer frühzeitigen Diagnose und unverzüglich einsetzenden Therapie lässt sich die Krankheit wirkungsvoll behandeln, so dass keine nennenswerten Schäden zurückbleiben. Wird sie jedoch nicht angemessen bekämpft, kommt es zu Blindheit, Lähmung, Entstellung und Verkrüppelung; ebenso schlimm sind die sozialen Folgen für die Opfer dieser Krankheit, die mit der uralten und irrationalen Angst vor Ansteckung zu tun haben. Leprakranke sind immer noch Stigmatisierte. Dabei kann es zu einer Schmierinfektion nur bei engem Körperkontakt kommen.
Noch bessere Medikamente werden dringend gebraucht, und Impfmöglichkeiten müssen erforscht werden. Wie für alle anderen Tropenkrankheiten gilt auch für die Lepra: Für eine erfolgreichere Bekämpfung braucht man mehr Geld, mehr Ärzte, bessere hygienische Verhältnisse.
Filariasis und Leishmaniasen
Filariasis wird von kleinen Fadenwürmern (Filarien) verursacht, die durch Insektenstiche in den Körper gelangen. Diese Würmer lösen unter anderem die Elephantiasis aus, indem sie die Lymphgefäße blockieren, so dass das betroffene Körperglied anschwillt. Eine andere Form der Filariasis ist die Onchozerkose oder Flussblindheit – eine Erkrankung, die zur Erblindung führt. Sie wird ausgelöst von einem Wurm (Onchozerka), der durch den Stich der Kriebelmücke in den Körper gelangt. Es gibt heute über 250 Millionen Filariasis-Kranke, und da sich die Slums der Großstädte mit ihrer Verwahrlosung – vor allem in Asien – immer weiter ausbreiten, scheinen alle Bemühungen, die Filariasis einzudämmen, zum Scheitern verurteilt. Leishmaniasen werden von einem Parasiten der Gattung Leishmania verursacht, der Haut,
eber und Milz angreift. Dieser Parasit wird durch Sandmücken übertragen. Die Krankheit kennt viele Formen, beispielsweise die eher harmlose Orientbeule. Die Leishmaniasen sind bisher nur unzureichend erforscht. Impfprogramme In Entwicklungsländern bringen Masern, Kinderlähmung, Wundstarrkrampf, Tuberkulose, Diphtherie und Keuchhusten jedes Jahr fünf Millionen Kindern den Tod. Die WHO hat deshalb ein beispielloses Projekt in Angriff genommen: Sie will dafür sorgen, dass alle Kinder der Welt gegen diese Krankheiten geimpft werden. Die praktischen Probleme sind gewaltig, denn ein großer Teil der Weltbevölkerung lebt in abgelegenen Gegenden, und selbst wenn der Impfstoff in ausreichenden Mengen dort ankommt, kann der Erfolg nicht immer garantiert werden: Ungekühlt werden Impfstoffe in der tropischen Hitze rasch unwirksam. Doch das Projekt ist angelaufen, und es gibt bereits ermutigende Ergebnisse.