Die chirurgische Entfernung von Harnsteinen wird seit Jahrhunderten praktiziert. Heute jedoch verdrängen neue, „unblutige“ Verfahren in zunehmendem Maße die klassische operative Therapie. Steine in den Harnwegen können sich entweder in den Nieren bilden und durch die Harnleiter in die Blase gelangen, wo sie größer werden, oder sie können auch in der Blase selbst entstehen. In der Kriegs- und Nachkriegszeit kamen Harnsteine selten vor. Dies dürfte an der eiweißarmen Ernährung gelegen haben. Entsprechend wird vor allem die heutige eiweißreiche Ernährung für die Zunahme der Steinerkrankungen verantwortlich gemacht. In den Industrieländern sind zwei bis drei Prozent der Bevölkerung von Steinleiden betroffen.
Die Bildung von Harnsteinen
Es gibt aber auch noch weitere, vielfältige Ursachen für die Bildung von Harnsteinen. Häufig sind sie Folge einer Störung des Kalk- oder des Harnsäurestoffwechsels. Bestimmte Umstände können außerdem ihre Entstehung begünstigen, beispielsweise Harnwegsinfektionen oder Abflussbehinderungen des Harns. Eine solche Abflussbehinderung ist bei Männern eine vergrößerte Prostata, aber auch eine Striktur (Verengung) der Harnröhre, eine angeborene Anomalie. Die Blockierung hindert den Patienten daran, beim Wasserlassen die Blase ganz zu leeren: Urin bleibt zurück und wird zu einer Art Falle für allerlei Trümmer, so etwa für die Zellen, die sich ständig von der Auskleidung der Blase lösen. Im Laufe der Zeit fügen sich einige dieser Trümmer zum Kern eines Harnsteins zusammen, der Schicht um Schicht über viele Jahre hinweg gebildet wird. Irgendwann nimmt er dann Kalzium aus dem Körper auf, das ihn härtet. Harnsteine können sehr groß werden, doch meist liegt der Durchmesser bei zwei bis drei Zentimetern. Wenn man sie aufschneidet, erkennt man oft Ringe, ähnlich wie bei einem Baumstamm.
Nierenkoliken
Die mikroskopisch kleinen Harnsteine – Harngrieß – werden in vielen Fällen mit dem Urin ausgeschwemmt. Bei Nierenbeckenentzündungen vor allem können die Steine jedoch erheblich anwachsen. Typisches Symptom bei Nierensteinen ist ein zeitweiliges Druckgefühl in der Lendengegend, an das sich der Patient aber oft erst erinnert, wenn der Stein auf seiner Wanderung aus dem Nierenbecken in den Harnleiter eine Kolik verursacht. Schwerste krampfartige und wellenförmig verlaufende Schmerzen mit Übelkeit und Erbrechen quälen dabei den Patienten. Symptome bei Blasensteinen Im Gegensatz zu Nierensteinen verursachen Blasensteine relativ geringe Beschwerden. Das wichtigste Symptom ist häufiges Wasserlassen; eventuell treten auch leichte Schmerzen auf. Der typische Patient mit einem Blasenstein ist ein Mann in mittlerem oder höherem Alter, denn eine vergrößerte Prostata gilt als Hauptursache. Der Harndrang kann sich so häufig einstellen, dass der Mann während des Tages vielleicht alle 20 Minuten Wasser lassen muss. Das liegt daran, dass der Stein eine völlige Leerung der Blase verhindert und mit seiner Lage ganz unten in der Blase die Nerven reizt; dadurch hat der Patient ständig das Gefühl, er müsse Wasser lassen.
Diagnose
Die Diagnose stützt sich zum einen auf die Schilderung der Schmerzausstrahlung des Patienten, und zum anderen auf Röntgenaufnahmen; die meisten Blasensteine sind als Kalkschatten zu erkennen. Bei Verdacht auf kalkfreie Steine gibt man ein Kontrastmittel. Die Steine bilden sich als Aussparungen im Kontrastmittel auf der Röntgenaufnahme ab. Auch die Sonographie (Ultraschalluntersuchung) ist eine routinemäßig eingesetzte diagnostische Methode.
Lithotripsie
Nur in fünf Prozent der Fälle wird heute noch auf dem Wege eines Bauchschnitts operiert. Durch die Steinzertrümmerung – die Stoßwellenlithotripsie – gelingt es, 80 bis 90 Prozent der Patienten vom Stein zu befreien. Die Zertrümmerung mit Stoßwellen von außen empfiehlt sich besonders bei Nierenbeckensteinen. Mit Hilfe eines Röntgenordnungssystems richtet man die Stoßwellenfronten auf den Stein aus. Zur Zertrümmerung von Blasensteinen wird heute vielfach ein Schlagwellengerät – Elektrolithotripter – eingesetzt. Der Lithotripter wird durch die Harnröhre in die Blase eingeführt; die Steintrümmer werden anschließend ausgeschwemmt. Da es sich hierbei nicht um eine offene Operation handelt, erholt sich der Patient schnell. Bei tief liegenden Harnleitersteinen versucht man, den Stein mit einem Schlingenkatheter zu entfernen. Dieser wird mit Hilfe eines Blasenspiegels eingeführt. Manchmal erleichtert ein kleiner Einschnitt in den Harnleiter den Steinabgang. Hochsitzende Steine dagegen müssen oft operativ entfernt werden.