Die plastische Chirurgie ist ein Teilgebiet der Chirurgie, das sich mit der Herstellung beziehungsweise Wiederherstellung von Organen und Gewebsteilen befasst. Sie kann auch das äußere Erscheinungsbild verbessern helfen.
Der Ausdruck plastische Chirurgie bezeichnet jeden operativen Eingriff, der die Form des Körpers verändert. Er wird heutzutage auch für Eingriffe verwendet, bei denen Gewebe von einem Teil des Körpers auf einen anderen Bereich übertragen werden. Während des Ersten und Zweiten Weltkrieges begann sich die plastische Chirurgie als ein gesonderter Zweig der Chirurgie zu entwickeln. Es wurden damals große Fortschritte bei der Behandlung von Soldaten erzielt, die im Kampf verstümmelt worden waren. Die Geschichte der plastischen Chirurgie reicht jedoch viel weiter zurück. Man weiß, dass der hinduistische Arzt Sustruta schon 800 v. Chr. Hauttransplantate benutzte, um eine verletzte Nase zu rekonstruieren. Es gibt auch Beweise, dass die plastische Chirurgie vor mehr als 2.000 Jahren von den Griechen und Römern praktiziert wurde. Später waren es vor allem die englischen Chirurgen McIndoe und Gillies, die Pionierarbeit auf diesem Gebiet geleistet haben. McIndoe beispielsweise behandelte Piloten, die durch Verbrennungen furchtbar entstellt worden waren. Noch heute bildet die wiederaufbauende Chirurgie den Hauptteil der plastischen Chirurgie und nicht, wie man annehmen könnte, die kosmetische Chirurgie, die häufiger und spektakulärer an die Öffentlichkeit gebracht wird.
Erforderliche Behandlung
Die plastische Chirurgie befasst sich mit einer Reihe von Beschwerden. Dazu gehören in erster Linie angeborene Missbildungen, Verletzungen wie zerquetschte Hände und Verbrennungen, Entstellungen und Narben, die durch Krankheiten wie Haut- oder Mundschleimhautkrebs entstehen. Angeborene Missbildungen wie Gaumenspalte und Hasenscharte, die gemeinsam auftreten können, werden von plastischen Chirurgen geschlossen. Die Korrektur dieser Missbildungen führt nicht nur zu einer deutlichen Verbesserung des äußeren Erscheinungsbildes, sondern ist für die normale Sprachentwicklung und ein gutes Wachstum der Zähne notwendig. Eine Hasenscharte wird gewöhnlich korrigiert, wenn das Baby etwa drei Monate alt ist, obwohl einige Chirurgen den Eingriff lieber noch früher vornehmen. Der Gaumen wird etwa im Alter von neun Monaten bis zu einem Jahr operiert, also noch bevor die Sprachentwicklung beginnt. Es gibt eine Vielzahl von angeborenen Fehlbildungen, die unter Umständen der plastischen Chirurgie bedürfen. Aber diese sind vergleichsweise selten. Ein Säugling kann überzählige Finger oder Zehen haben (Polydaktylie), zusammengewachsene Finger (Syndaktylie) oder zusätzliche Hautzipfel um die Ohrläppchen herum. Gelegentlich findet sich am Penis eine leichte Anomalie: Die Öffnung der Harnröhre befindet sich an der Unterseite anstatt an der Eichelspitze (Hypospadie). Da keines dieser Leiden gefährlich ist, besteht keine Notwendigkeit, sie zu korrigieren. Der Eingriff wird gewöhnlich zurückgestellt, bis das Kind im Schulalter ist. Dann sind Operationen und die Anästhesie unproblematisch.
Starke Verbrennungen erfordern die Behandlung eines plastischen Chirurgen sowohl im akuten Stadium als auch zu einem späteren Zeitpunkt, um die entstandenen Narben und Verziehungen zu beseitigen. Sind die Verbrennungen nur oberflächlich, heilen sie von selbst wieder. Bereiche, in denen die Verbrennungen sehr ausgedehnt sind und sogar die tiefsten Schichten in der Haut verletzt wurden, erfordern Hauttransplantate.
Kopf und Nacken
Starke Verletzungen am Gesicht und an den Kieferknochen werden meistens gemeinsam von plastischen Chirurgen und Gesichts- und Kieferchirurgen behandelt; die Kieferchirurgen sind in der Zahnheilkunde und Chirurgie ausgebildet. Einfache Risse müssen sehr vorsichtig behandelt werden, um starke Narbenbildung zu vermeiden; plastische Chirurgen achten immer besonders auf die Nahttechnik, um nachfolgende Entstellungen von vornherein auf ein Minimum zu reduzieren. Wenn Gesichts- oder Kieferknochen gebrochen sind, können spezielle Techniken erforderlich sein, um die Knochenteile mit Drähten zu verbinden. Bei komplizierten Brüchen kann der Kiefer von außen durch ein Gestell aus Metallstützen stabilisiert werden, die an einer Metallplatte befestigt sind. Diese Platte, die manchmal als „Heiligenschein“ bezeichnet wird, ist ihrerseits mit Schrauben am Schädel fixiert und wird dort gelassen, bis die gebrochenen Kieferteile zusammengewachsen sind – das dauert mehrere Wochen.
Das Operationsteam
Zu den bemerkenswertesten Operationen, die von plastischen Chirurgen durchgeführt werden, gehört die Korrektur starker Verunstaltungen des Schädels oder des Gesichtes. Diese Operationen werden gewöhnlich von einem Team ausgeführt, dem zusätzlich ein Gesichts- und Kieferchirurg, ein Neurochirurg und manchmal auch ein Hals-Nasen-Ohrenarzt angehören. Im allgemeinen werden diese Operationen an älteren Kindern oder Jugendlichen durchgeführt. Sie können das ganze Gesicht verändern, wenn es wieder der Schädelform angepasst ist oder die Form des Schädels wieder nachgebildet wird. Die Operation wird anhand zahlreicher Röntgenbilder geplant. Neue Computer-Techniken ermöglichen dem Chirurgen, an einem Computer-Kopfmodell alles genau zu planen, bevor die Operation durchgeführt wird. Die chirurgische Entfernung von Karzinomen (Krebsgeschüre) am Kiefer, an der Zunge oder im Nacken bedeutet oft die Entfernung eines großen Gesichtsknochenteils. Der plastische Chirurg kann nach einem solchen Eingriff das Gesicht stufenweise wieder rekonstruieren, indem er Knochentransplantate von anderen Körperteilen entnimmt und Hautabschnitte verpflanzt, die von der Brustwand stammen. Obwohl einige Operationen an den Händen von Orthopäden durchgeführt werden, haben viele plastische Chirurgen spezielle Fähigkeiten und Techniken im Bereich der Handchirurgie entwickelt. Sind Sehnen oder Nerven in Folge von Verletzungen an der Hand oder dem Unterarm durchtrennt, werden sie sorgfältig wieder zusammengenäht, um die volle Funktionsfähigkeit des beschädigten Gliedes wiederherzustellen. Bei solchen Operationen arbeiten die Chirurgen mit speziellen Operationsmikroskopen und winzigen chirurgischen Instrumenten (Mikrochirurgie). Replantation Arterien und Venen müssen meist ebenfalls versorgt werden. Ähnliche Techniken wenden die Chirurgen für eine Replantation an, das Wiederannähen von Fingern, Händen oder sogar Armen, die abgetrennt wurden. Während der Operation werden Knochen, Arterien, Venen, Sehnen, Nerven und Haut wiederhergestellt. Es kommt vor, dass nach einer so schweren Verletzung die Beweglichkeit und Sensibilität (Gefühl) in den betroffenen Gliedern mehr oder minder eingeschränkt bleibt. Plastische Chirurgen können auch Patienten operieren, deren Hände durch eine rheumatische Entzündung stark deformiert sind. Hierbei müssen Sehnen verlängert oder ersetzt und oft künstliche Fingergelenke eingepflanzt werden.
Hautveränderungen
Auch eine Reihe von Veränderungen und Erkrankungen der Haut wird von plastischen Chirurgen behandelt. Große Leberflecken können entfernt werden. Die dabei entstandenen Defekte in der Haut müssen eventuell mit Hauttransplantaten gedeckt werden. Verschiedene Formen des Hautkrebses werden weiträumig entfernt und durch anschließende Hautverpflanzung behandelt.
Kosmetische Chirurgie
Kosmetische Operationen können das Gesicht verschönern, etwa durch Begradigen oder Verkürzen der Nase oder Straffen von schlaffer Haut unter dem Kinn, der Wange oder den Augenlidern. Diese Operationen werden meistens unter Vollnarkose durchgeführt, und der Patient verbringt in der Regel einen oder zwei Tage im Krankenhaus. Es wurden auch Operationsmethoden zur Reduzierung von Fettgewebe oder schlaffer Haut am Bauch, an den Oberschenkeln und dem Gesäß entwickelt. Dies sind größere Eingriffe, die gewöhnlich mit einem ein- oder mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt verbunden sind. Der plastische Chirurg versucht, die bei diesen Operationen entstehenden langen Narben so unauffällig wie möglich zu halten. Wer eine kosmetische Operation in Erwägung zieht, sollte sich vor der endgültigen Entscheidung mit dem Hausarzt beraten. Die Schönheitschirurgen können zwar beträchtliche Verbesserungen erreichen, aber keine Wunder vollbringen; deshalb sollte man sich unbedingt darüber im klaren sein, was alles mit einem derartigen Eingriff verbunden sein kann, und ob die Gründe für den Wunsch nach Veränderung den Aufwand rechtfertigen, den eine solche Operation mit sich bringt.
Hauttransplantate
Die Hautverpflanzung ist eine von plastischen Chirurgen häufig angewendete Technik beim Abdecken offener Bereiche, wie sie beispielsweise bei schweren Verbrennungen entstehen. Jede nur mögliche Anstrengung wird unternommen, um die zu verpflanzende Haut exakt auf den umgebenden Bereich der Wunde abzustimmen, so dass sie so ähnlich wie möglich in Farbe, Beschaffenheit und Haarwuchs ist. Die Spalthauttransplantate oder freien Hautlappen werden meistens von der Innen- oder Rückseite der Oberschenkel, vom Gesäß oder der Innenseite des Oberarms gewonnen. Diese Art Transplantat bezieht nur die Oberhaut (die äußere Hautschicht) ein, aber oft wird auch Unterhaut (die innere Schicht) mitgenommen. Weil nicht die ganze Hautschicht entfernt wird, kann die Haut in dem Bereich nachwachsen, .aus dem das Transplantat entnommen wird. Die Haut wächst nach, indem sie sich von den Epithelzellen (oberste Hautzellen) ausbreitet, die nach der Operation in den Haarfollikeln und Schweißdrüsen zurückbleiben. Der Bereich verheilt normalerweise wie eine oberflächliche Abschürfung und lässt kaum Narben zurück. In einigen Fällen ist es notwendig, die ganze Hautschicht zu verpflanzen, was man als Ganzhauttransplantat bezeichnet. Hier wird der Bereich nach der Entnahme des Transplantats zusammengenäht, weil keine Epithelzellen zurückgelassen werden.