Muskelschwund

Muskelschwund oder Muskeldystrophie ist eine seltene, aber in vielen Ausprägungen auftretende Erbkrankheit. Häufig zeigen sich erste Symptome bereits im Kindesalter.

Als Muskeldystrophie bezeichnet man einen fortschreitenden Untergang der quer gestreiften, am Skelett befestigten Muskulatur, also nicht eine Funktionsstörung der Nerven, von denen die Muskeln gesteuert werden. Muskeldystrophien sind selten; sie machen nur einen kleinen Prozentsatz aller Krankheiten aus, von denen ausschließlich die Muskeln betroffen sind.

Die Ursache dieser Erbkrankheit ist nicht bekannt, aber es ist ziemlich sicher, dass die Krankheit in der Muskelzelle selbst ihren Ursprung hat. Genau wie jede andere Körperzelle muss auch eine Muskelzelle Nahrung und Sauerstoff in Energie umwandeln. Außerdem muss sie Energie in physische Kraft umsetzen, indem sie sich zusammenzieht. Eine Störung in irgendeinem der vielen Prozesse, die dabei ablaufen, kann zu Zelluntergang führen. Von den nicht auf Funktionsstörungen der Nerven beruhenden Formen von Muskelschwund kommen vier häufiger vor: die Duchenne-Muskeldystrophie, die Becker-Muskeldystrophie, die fazioscapulo-humerale Dystrophie und die myotonische Muskeldystrophie (Curschmann- Steinert-Syndrom).

Unter 20.000 Menschen ist einer von einer Muskeldystrophie betroffen. Am häufigsten ist die Duchenne-Form, und sie ist auch die schwerste.

Duchenne-Muskeldystrophie

Symptome der Duchenne-Muskeldystrophie treten schon bei Kleinkindern auf. Diese Krankheit ist geschlechtsgebunden; sie wird über das X-Chromosom vererbt. Wenn nur ein X-Chromosom vorhanden ist – wie es bei Jungen der Fall ist -, kommt die Krankheit zum Ausbruch. Bei zwei X-Chromosomen, wie es bei Mädchen der Fall ist, wird der Ausbruch der Krankheit durch das zweite, „normale“ Chromosom verhindert. Mädchen können jedoch Überträger sein, indem sie ihr abnormes X-Chromosom an ihre Kinder weitergeben.

Die Krankheit macht sich im Alter von zwei bis sieben Jahren als Schwäche der Oberschenkel- und Beckenmuskeln bemerkbar, die zu Schwierigkeiten beim Stehen, Gehen und Treppensteigen führt. Der Gang sieht watschelnd aus, Stürze sind häufig, und das Wiederaufrichten bereitet Probleme. Die Schwäche erfasst dann den Hals, die Schultern und den Rücken. Es kommt zur Deformierung des Rückgrats, zu Atembeschwerden und zu Veränderungen am Herzen. Im weiteren Verlauf werden die Oberarm- und Unterarmmuskeln und schließlich die Handmuskeln schwach. Nur das Gesicht ist wenig betroffen.

Im allgemeinen müssen die Kinder mit zehn Jahren im Rollstuhl sitzen. Bei einem Drittel ist die geistige Entwicklung verzögert. Die Lebenserwartung ist nicht hoch, die meisten sterben bis zum 20. Lebensjahr an allgemeiner Schwäche.

Die Becker-Muskeldystrophie bricht meist später aus, im allgemeinen nach dem zehnten Lebensjahr. Die Symptome sind hier viel schwächer ausgeprägt, und die Patienten können über 30 oder 40 Jahre alt werden. Gesicht, Schultern und Oberarme sind die Bereiche, die bei der fazioscapulo-humeralen Muskeldystrophie am stärksten beeinträchtigt sind. Diese Krankheit kommt bei beiden Geschlechtern vor.

Fazioscapulo-humerale Dystrophie

Das Gesicht ist als erstes betroffen, wobei die Unfähigkeit zu Pfeifen, die Backen oder einen Luftballon aufzublasen, ein Frühsymptom sein kann. Häufig dehnt sich die Krankheit auf den Schultergürtel aus; die Schultern wirken abstehend und „lose“, die Arme können nicht über die Schultern hinaus angehoben werden. Unterarme und Handmuskulatur sowie das Herz bleiben bei dieser Erkrankung in der Regel verschont. Normalerweise treten die Symptome im Jugendalter zum ersten Mal auf, aber sie können sich manchmal auch erst bei Fünfzigjährigen bemerkbar machen, die oft nichts von ihrer Krankheit wussten. Die Lebenserwartung ist nicht verkürzt, und die Patienten können ein hohes Lebensalter erreichen, bevor die Symptome schließlich zu einer nennenswerten Behinderung führen.

Myotonische Muskeldystrophie

Die Myotonische Dystrophie ist gekennzeichnet durch die Unfähigkeit des Kranken, einen willkürlich kontrahierten (zusammengezogenen) Muskel wieder zu entspannen. Dieses erste Symptom kann schon im Jugendalter in Erscheinung treten. Die Krankheit befällt im allgemeinen die Hände und zeigt sich dort in der Unfähigkeit, nach einem Händedruck loszulassen oder eine geschlossene Faust wieder zu öffnen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung können die Muskeln von Gesicht, Hals und schließlich auch der Beine schwach werden und schwinden. Diese Erscheinung ist der dystrophische Anteil der Krankheit.

Behandlung

Es gibt gegenwärtig keine Behandlungsmethode, die einer fortschreitenden Muskeldystrophie Einhalt gebieten könnte; bei Myotonie werden in einigen Fällen Medikamente zur Entspannung der Muskeln eingesetzt. Die Patienten werden jedoch zu aktiven und passiven Muskelübungen ermuntert.