Früher verlief eine Mastoiditis, die Entzündung des Warzenfortsatzes hinter dem Ohr, unter Umständen tödlich. Heutzutage kann sie wirkungsvoll behandelt werden.
Der Warzenfortsatz (Processus mastoideus) ist der konische, knaufartige Knochenvorsprung, der sich hinter dem Ohr befindet. Es handelt sich dabei nicht um einen kompakten Knochen, sondern um eine Struktur aus luftgefüllten Knochenzellen, den Mastoidzellen.
Die Ausbildung dieser zarten Knochenstruktur trägt vermutlich in erster Linie der Statik des Kopfes Rechnung. Sie verringert das Gewicht des Schädels und erleichtert auf diese Weise, den Kopf auf dem Hals im Gleichgewicht zu halten. Wahrscheinlich vollzog sich die Spezialisierung der Knochenzellen zu luftgefüllten Hohlräumen parallel zur Entwicklung des aufrechten Gangs. Die Warzenfortsatz- oder Mastoidzellen sind dem Menschen nicht von Geburt an mitgegeben, sondern werden erst nach der Geburt ausgebildet. Dieser Prozess ist mit dem sechsten Lebensjahr abgeschlossen. Die Mastoidzellen sind mit Schleimhäuten ausgekleidet, in die sich Krankheitserreger einnisten können. Die Entzündung dieser Schleimhäute sowie der unmittelbar umgebenden Knochensubstanz wird als Mastoiditis bezeichnet.
Nähe zum Mittelohr
Meist ist die Mastoiditis Folge einer schweren oder schlecht ausgeheilten bakteriellen Mittelohrentzündung. Sowohl der Warzenfortsatz als auch das Mittelohr sind nämlich Teil des umfassenden Schläfenbeins, das die hintere Unterseite des Schädels bildet. Warzenfortsatz und Mittelohr liegen darin einander benachbart. Diese Lage erklärt die Infektionsanfälligkeit des Warzenfortsatzes im Zuge einer Mittelohrentzündung. Die Erreger haben es nicht weit und auch keine besondere Barriere zu überwinden. Da das Mittelohr zudem über die Eustachische Röhre (Ohrtrompete, Tube) mit dem Rachen in direkter Verbindung steht, ist der gesamte Bereich Krankheitserregern relativ leicht zugänglich. V
erstopft infolge von Schnupfen, Nasennebenhöhlenentzündungen, Grippe, Scharlach oder auch Masern die Ohrtrompete, wird das Mittelohr nicht mehr ausreichend belüftet und bietet den Keimen optimale Lebensbedingungen. Die Infektion greift also über die Tube auf das Mittelohr über und steigt möglicherweise zum Warzenfortsatz auf. Trotz dieser ungünstigen Voraussetzungen erkranken heutzutage nur noch wenige Menschen an einer Mastoiditis, da sich die ursächliche Mittelohrentzündung außerordentlich wirksam mit Antibiotika behandeln und eindämmen lässt.
Symptome und Gefahren
Ist eine Mittelohrentzündung nicht nach etwa zwei Wochen abgeklungen und hält das Fieber relativ lange an, muss an eine Mastoiditis gedacht werden. Das Ohr sondert Eiter ab und wird zunehmend taub. Im Gegensatz zu einer Mittelohrentzündung besteht anhaltender, klopfender Schmerz im Ohr und starke Druckempfindlichkeit über dem Warzenfortsatz. Außerdem ist in diesem Bereich eine Schwellung festzustellen, wodurch das Ohrläppchen verdrängt sein und schief hängend erscheinen kann.
Therapie
Behandelt wird eine Mastoiditis mit Antibiotika. Die Heilungsaussichten sind sehr gut. Verzögert sich eine durchgreifende Behandlung, kann die Mastoiditis lebensbedrohlich werden. Greift die Infektion auf die das Gehirn entsorgenden Venen oder das Gehirn selbst über, entwickelt sich möglicherweise eine Sepsis (Blutvergiftung), ein Abszess (abgekapselte Eiteransammlung) oder eine Thrombose (Blutgerinnsel). Eine Mastoidektomie (Entfernung der Mastoidzellen) ist bei schweren Komplikationen und bei chronischer Mastoiditis erforderlich.