Masern

Diese früher so häufige, keineswegs immer harmlos verlaufende Kinderkrankheit ist durch eine routinemäßig durchgeführte Impfung der allermeisten Kleinkinder in den Industrieländern selten geworden.

Masern werden durch Viren übertragen und sind hochgradig ansteckend. Am stärksten betroffen sind Kinder im Alter von ein bis sechs Jahren. Babys dagegen sind durch die sogenannte „natürliche“ oder „angeborene“ Immunität, die sie von der Mutter mitbekommen haben, während der ersten Monate ihres Lebens geschützt (Nestschutz). Danach verliert sich dieser Schutz, und die Kinder können sich infizieren.

Verbreitung

In den meisten Industriestaaten ist es heute üblich, Kinder im zweiten Lebensjahr gegen Masern zu impfen. Durch solche Impfprogramme wurde es möglich, die Masernerkrankungen in diesen Ländern einzudämmen. Gelegentliche Fälle treten allerdings auch hier immer wieder auf, nämlich dann, wenn die Impfungen nicht konsequent durchgeführt werden.

In den Entwicklungsländern aber und in Regionen, in denen Impfungen nicht routinemäßig durchgeführt werden, sind Masern häufig. Diese Erkrankung kann lebensbedrohend werden, vor allem, wenn die Betroffenen unterernährt sind. Deshalb sterben immer noch Tausende von Kindern in den Ländern der Dritten Welt bei den regelmäßig ausbrechenden Masernepidemien.

Wie bei vielen anderen durch Viren bedingten Infektionskrankheiten gelangen die Masernviren mit den winzigen Tröpfchen, die wir ausatmen, -husten oder – niesen, von einem Menschen zum anderen. Nach dem Kontakt mit einer infizierten Person zeigen sich in den ersten sieben bis zwölf Tagen noch keine eindeutigen Symptome. Diese Zeit benötigen die Viren, um sich in den Zellen der Schleimhäute von Rachen und Atemwegen zu vermehren. Dann kommt es zum Ausbruch der Krankheit mit den typischen zwei Stadien. Im ersten, dem katarrhalischen Stadium (Katarrh = Fließen), bleiben die Viren auf die Schleimhäute von Augen, Nase, Mund und Atemwegen beschränkt. Das Kind scheint an einer schweren Erkältung erkrankt zu sein, die von einem trockenen Husten begleitet wird. Die Nase rinnt, die Augen sind gerötet und tränen. Manchmal kommt es auch jetzt schon zu einem ganz feinen roten Hautausschlag, der jedoch nur für einige Stunden anhält.

Erhöhte Temperatur

Die Mutter bemerkt in der Regel zunächst, dass das Kind quengelig wird und blass ist. Viele Kinder haben erhöhte Temperatur (bis 38° C), sind appetitlos und leiden möglicherweise unter Erbrechen und Durchfall. Wenn man zu diesem Zeitpunkt die Wangenschleimhaut des Mundes untersucht, kann man darauf winzige weiße Flecken entdecken. Das sind die Koplik-Flecken (nach dem amerikanischen Kinderarzt, der sie zuerst beschrieben hat); sie treten ausschließlich bei Masern auf. In dieser Anfangsphase haben manche Patienten allerdings überhaupt kein Fieber, und auch die anderen Symptome sind nur sehr schwach ausgeprägt.

Nach dem dritten oder vierten Tag (gelegentlich erst nach fünf bis sieben Tagen) sinkt die Temperatur, und der Hautausschlag erscheint. Die typischen Masernflecken sind leicht erhaben, dunkelrot, stehen dicht beieinander und neigen dazu, ineinander überzugehen. .

Der Ausschlag

Die ersten Flecken treten hinter den Ohren auf, breiten sich dann über Nacken und Stirn aus und bedecken schließlich Gesicht und Rumpf. Oft werden auch Arme und Beine einbezogen. Das ganze passiert innerhalb von vierundzwanzig Stunden. Manchmal besteht ein leichter Juckreiz. Während der nächsten drei Tage verschwinden die Flecken wieder in der gleichen Reihenfolge, in der sie auftraten. Oft bleibt die Haut danach zunächst leicht bräunlich gefärbt, schuppt sich dann aber ab und gewinnt ihr normales Aussehen zurück.

Kurz nachdem die ersten Flecken erscheinen, beginnt das Fieber rasch erneut zu steigen. Zu diesem Zeitpunkt fühlt sich der Patient am schlechtesten und in schweren Fällen absolut elend. Husten und Bindehautentzündung der Augen sind jetzt am stärksten, und helles Licht wird oft als unangenehm und schmerzhaft empfunden. Falls überhaupt Komplikationen entstehen, beginnen sie in diesem Stadium. In sehr wenigen Fällen haben die Patienten eine besonders schwache Abwehrkraft gegen Masernviren. Dann steigt die Temperatur bedrohlich an, und es kann zu Blutungen der von den Flecken befallenen Haut, aber auch zu Blutungen in die inneren Organe kommen.

Winzige Hautblutungen kommen manchmal auch bei einer milden Verlaufsform vor und geben keinen Anlass zu Besorgnis. Kommt es jedoch zu großflächigeren Blutungen, muss der Arzt gerufen werden. Es könnte eine Krankenhausbehandlung notwendig werden, um lebensgefährliche Komplikationen zu verhindern.

Sekundärinfektionen

Die Masernviren schädigen vorübergehend die Schleimhäute der Atemwege und bahnen damit nachfolgenden bakteriellen Infektionen (Sekundärinfektionen) den Weg. Entsteht bei einem an Masern erkrankten Patienten ein anhaltender, aus der Tiefe der Brust kommender Husten, ist dies das Zeichen einer Bronchitis oder Lungenerkrankung. Trockene, einzelne Hustenstöße sind ganz normal, aber wenn es zu Auswurf und einer erschwerten Atmung kommt, ist eine gezielte Behandlung mit Antibiotika notwendig, um eine Schädigung der Lunge zu verhindern.

Mittelohrentzündung

Manchmal entwickelt sich eine Mittelohrentzündung (im Innern der Paukenhöhle), die Ohrenschmerzen und Eiterabsonderungen zur Folge hat. In einem solchen Fall muss ebenfalls unverzüglich der Arzt unterrichtet werden. Mit Antibiotika kann man eine Ausbreitung der Infektion verhindern und ein schnelles Ausheilen erreichen.

Bei Kindern werden Masern manchmal auch zur Ursache einer Kehlkopfentzündung. Der Kehlkopf liegt zwischen Rachen und Luftröhre und ist der Ort, an dem sich Stimmbänder befinden. Wenn in diesem natürlichen Engpass die Schleimhäute entzündlich anschwellen, kann sich schnell ein Pseudokrupp entwickeln, ein bellender, krächzender Husten, unter Umständen verbunden mit Stimmverlust. Dann muss sofort der Arzt gerufen werden, weil es möglicherweise zu einer lebensgefährlichen Atemnot kommen kann. Eine leichte Bindehautentzündung der Augen (Konjunktivitis), bei der sich das Weiß des Augapfels rötlich färbt, ist eine häufige Begleiterscheinung von Masern, über die man sich nicht zu beunruhigen braucht. Kommt es aber darüber hinaus zu einer bakteriellen Infektion, sondern die Augen dickflüssiges, eitriges Sekret ab. Unterbleibt eine Behandlung, drohen Narbenbildungen und sogar Erblindung.

Enzephalitis

Dies ist die am meisten gefürchtete, zum Glück seltene Komplikation bei Masern. Es handelt sich um eine Entzündung des Gehirns, die als Reaktion auf die Masernviren entstehen kann. Die Symptome – Schläfrigkeit, Sinnestäuschungen und Verwirrtheit – stellen sich ungefähr zehn Tage nach Ausbruch der Krankheit ein. Der Patient bedarf dann dringend der Krankenhausbehandlung, weil schwerste Folgen, möglicherweise irreparable Hirnschäden drohen.

Bei einem leichten Verlauf von Masern genügt es, wenn der Patient zu Hause gepflegt wird. Wenn er sich zu schwach fühlt, um aufzubleiben, ist Bettruhe angezeigt. Schwere Fälle brauchen eine intensive Pflege, sollten das Bett hüten und vor allem die nötige emotionale Zuwendung erhalten. Kommt es zu Komplikationen, kann der Arzt Antibiotika verschreiben; in den seltenen Fällen, in denen schwere Begleiterkrankungen auftreten, ist eine Einweisung ins Krankenhaus notwendig.

Immunität

Da Masern durch die Routineimpfung praktisch völlig eliminiert werden können, sollten alle Kinder im zweiten Lebensjahr geimpft werden – es sei denn, es liegen Umstände vor, die dies verbieten. Die Impfung erfolgt üblicherweise mit dem MMR-Kombinationsimpfstoff, der gleichzeitig gegen Masern, Mumps und Röteln schützt. Nebenwirkungen treten dabei selten auf; es kann allerdings kurz nach der Impfung zu einem leichten Hautausschlag kommen, dem jedoch eine hohe, lebenslang anhaltende Immunität folgt.

Impfprogramme gegen Masern werden jetzt auch zunehmend in Entwicklungsländern durchgeführt. Es gilt, die furchtbare Zahl von Todesopfern, die die Masern in diesen Regionen immer noch fordern, zu verringern.