Inkontinenz

Als Inkontinenz bezeichnet man die Unfähigkeit zur willkürlichen Regulierung von Stuhl- und Harnentleerung. Inkontinenz ist kein eigenes Krankheitsbild, sondern ein Symptom, dem viele Ursachen zugrunde liegen können.

Im Alter von eineinhalb bis zweieinhalb Jahren lernt ein Kind, die Ausscheidungen zu kontrollieren. Doch auch nach dieser Zeit kommt es zu gelegentlichem „Verspielen“ und manchmal zu einem nächtlichen Einnässen. Dies ist kein Grund zur Beunruhigung. Ernst wird die Situation, wenn eine Kontrolle über die Harn- und Stuhlentleerung durch organische Ursachen verhindert wird.

Sind Erwachsene von Inkontinenz betroffen, ist dies meistens in Hinsicht auf den Harnabgang. Bei pflegebedürftigen Menschen ist die Harninkontinenz in vielen Fällen noch mit einer Stuhlinkontinenz gepaart.

Harninkontinenz

Bei einer Flüssigkeitsmenge von einem viertel bis einem halben Liter werden die Dehnungsfühler der Harnblase stark gereizt. Über einen komplizierten Verschaltungsreflex werden Meldungen über den Füllungszustand der Blase an das Gehirn geleitet. Soll dem Harndrang noch nicht nachgegeben werden, wird die Verschlussfunktion des inneren Blasenschließmuskels durch die willkürlich gesteuerte Zusammenziehung des äußeren Blasenschließmuskels verstärkt. Erlaubt es die Situation, erfolgt vorn Gehirn die Meldung, dass dem Bedürfnis nachgegeben werden darf. Eine willkürlich gesteuerte Entspannung des äußeren Blasenschließmuskels leitet die Blasenentleerung ein. Diese erlernte Kontrolle kann aber auf vielen Ebenen gestört sein.

Die Störungen reichen von Fehlfunktionen der Blasenschließmuskel über Bewusstlosigkeit zu Schäden am zentralen Nervensystem; die beispielsweise durch Multiple Sklerose hervorgerufen sein können. Eine Durchtrennung des Rückenmarks führt unweigerlich zur Aufhebung der willkürlichen Blasenentleerung, weil die Nervenstränge, die dem Gehirn die Informationen über den Füllungszustand der Blase liefern, unterbrochen sind. Sehr häufig ist die Stressinkontinenz.

Durch plötzliche Steigerung des Blaseninnendruckes kommt es zum Beispiel beim Husten, Niesen, Lachen, Heben oder auch beim Geschlechtsverkehr zu einem unwillkürlichen Harnabgang. Auch Infektionen der Harnwege beeinträchtigen sehr oft die Schließmuskelkontrolle.

Bei Männern ist die häufigste Ursache für Entleerungsstörungen eine Vergrößerung der Prostata (Vorsteherdrüse). Häufiger Harndrang und ein schwacher Harnstrahl sind die Symptome im ersten und zweiten Stadium. Im dritten Stadium kommt es zur Überlaufblase. Infolge der Prostatavergrößerung wird die Harnröhre massiv verengt. Trotz Verstärkung der Harnblasenmuskulatur wird die Urinentleerung zunehmend problematischer. Bei gesteigertem Blaseninnendruck läuft der Harn ständig tropfenweise ab. Erfolgt in diesem Stadium keine Behandlung, ist ein Nierenversagen die folge der Harnrückstauung die unabwendbare Konsequenz.

Stuhlinkontinenz

Die Stuhlinkontinenz ist im Vergleich zur Harninkontinenz sehr viel seltener. Die Füllung des Mastdarms bewirkt eine Dehnung des inneren Schließmuskels und eine verstärkte Kontraktion (Zusammenziehung) des äußeren Schließmuskels. Es kommt zum Stuhldrang. Über Nervenbahnen im Rückenmark wird das Gehirn über den Füllungszustand des Darms informiert. Wenn es die Situation erlaubt, wird dem Stuhldrang nachgegeben. Dabei kontrahiert der Enddarm bei gleichzeitiger Erschlaffung des inneren und äußeren Schließmuskels.

Wie bei der Harninkontinenz sind auch diese Mechanismen gestört, wenn das Rückenmark geschädigt ist. Nicht selten ist die Stuhlinkontinenz aber nicht durch Störungen der Kontinenzmechanismen bedingt, sondern durch Erkrankungen, die mit Durchfall einhergehen. So kann bei einer chronischen Dickdarmentzündung der Stuhldrang so heftig werden, dass der Weg zur Toilette unerreichbar weit wird. Geistig behinderte Menschen verfügen in schweren Fällen oft nur über eine mangelnde Fähigkeit, die Harn- und Stuhlentleerungen zu kontrollieren.

Als Ausdruck unbewusster Aggressionen gegen ein liebloses Elternhaus und eine hart und fordernd erlebte Umwelt ist eine Störung der Stuhlentleerung zu werten, die überwiegend bei milieugeschädigten Jungen auftritt. Dieser Störung liegen keine organischen Ursachen zugrunde, sondern sie ist die Antwort eines Kindes auf eine belastende Umwelt. Da das Kind seine Stuhlentleerung nicht kontrolliert, wird dieser Prozess der Ablehnung auf beiden Seiten noch mehr verstärkt, indem die Umwelt dieses Kind um so stärker diskriminiert.

Behandlung

Die Diagnostik reicht bis zu Funktionstests, in denen unter anderem die Schließmuskel überprüft werden. Bei schwereren Graden sind operative Maßnahmen angezeigt. In manchen Fällen wird das Tragen von saugfähigen Einlagen unumgänglich. Die Industrie hat in den letzten Jahren zunehmend haut- und geruchsfreundliche Einlagen entwickelt, die das Tragen erheblich erleichtern.

Drohendes Nierenversagen Kommt es bei Männern zu zunehmenden Inkontinenzerscheinungen mit tropfenweisem Harnabgang, sollte unverzüglich ein Arzt konsultiert werden, um einer Harnrückstauung mit drohendem Nierenversagen zu begegnen.

Abschwächung des Harnstrahls, zeitweiliges Nachträufeln und Harndrang mitten in der Nacht sind die Symptome. In Anbetracht des geringen Operationsrisikos raten die Ärzte zu einem möglichst frühzeitigen Eingriff.

Bei Querschnittsgelähmten kann durch geeignete Therapie die Kontrolle über Harn- und Stuhlentleerung wiedergewonnen werden.