Immunsuppressiva sind Medikamente zur Behandlung von Krebs und anderen schweren Krankheiten. Ihre Wirkung auf bestimmte Funktionsabläufe des Immunsystems nutzt man auch, um Abstoßungsreaktionen nach Organverpflanzungen zu verhindern.
Die meisten Immunsuppressiva sind eigentlich Zellgifte, die die Funktionsabläufe des Immunsystems – also unseres Abwehrsystems gegen Krankheitserreger – behindern. Ursprünglich machte man sich ihre giftige (toxische) Wirkung zur Vernichtung von Krebszellen zunutze. Speziell die Leukämie (Blutkrebs) wurde mit diesen auch „cytoxisch“ genannten Medikamenten behandelt. Um Krebszellen abzutöten, werden diese Substanzen in größeren Mengen verabreicht. In kleinerer Dosierung üben sie auf die Zellfunktionen dagegen eine eher hemmende Wirkung aus. Diesen Vorgang bezeichnet man als Immunsuppression. Er hat besondere Bedeutung gewonnen im Bereich der Organverpflanzung. Mit Hilfe der Immunsuppression soll verhindert werden, dass die körpereigene Abwehrkraft des Organempfängers das fremde Gewebe abstößt. Denn das Immunsystem unterscheidet normalerweise streng zwischen eigenem und fremdem Körpergewebe. Die Wirkung von Immunsuppressiva beruht auf einer Unterbrechung der Eiweißproduktion im Körper, die von der DNS (Desoxyribonucleinsäure) sowie der m-RNS (Messenger Ribonucleinsäure) gesteuert wird. In der Folge können sich die Zellen dann nicht mehr teilen.
Unerwünschte Nebenwirkungen
Dieser Effekt ist wünschenswert zum Beispiel bei wuchernden bösartigen Tumoren. Jedoch ist es nicht auszuschließen, dass darüber hinaus noch andere – insbesondere sich schnell teilende Zellen – von der toxischen Wirkung des Medikamentes betroffen werden. Etwa im blutbildenden System, im Knochenmark, in den Haarwurzeln. So kommt es dann zu unerwünschten Nebenwirkungen wie Haarausfall, Blutarmut (Anämie) und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Bestimmte immunsuppressive Medikamente sind den Eiweißmolekülen des menschlichen Organismus sehr ähnlich. Aufgrund ihrer spezifischen Zusammensetzung können sie die DNS und RNS in die Irre führen: Sie werden als Bausteine für Eiweißketten benutzt, die die neuen Zellen bilden. Auf diese Art konstruierte Eiweiße erfüllen aber nicht die eigentlich vom Körper erwartete Funktion, und die Zelle stirbt. In dieser Weise wirkende Arzneimittel werden Antimetabolite genannt, weil sie den normalen Stoffwechselvorgang (Metabolismus) in der Zelle verhindern.
Pflanzliche Hemmstoffe
Pflanzen wie Immergrün oder die Herbstzeitlose liefern dagegen Substanzen, die in die Enzymsysteme eingreifen können. Enzyme sind Wirkstoffe, die chemische Prozesse im Stoffwechsel steuern. In Pilzen fanden Wissenschaftler das Cyclosporin A, eine Substanz, die insbesondere für den Bereich der Organverpflanzung große Fortschritte gebracht hat. Cyclosporin A ist in der Lage, gezielt die Abstoßungsreaktionen des Transplantat- Empfängers zu hemmen, ohne jedoch das Immunsystem gänzlich auszuschalten. Es können diejenigen Zellen weiterleben, die für die Abwehr von Krankheitserregern wichtig sind. Eine gefürchtete Komplikation, die erhöhte Infektanfälligkeit des Patienten, wird damit, weniger wahrscheinlich. Aufgrund ihrer Fähigkeit, die Zellteilungsrate herabzusetzen, werden Immunsuppressiva in der Krebstherapie eingesetzt. Es ist heute üblich, diese Medikamente in bestimmten Intervallen, sogenannten Zyklen, zu verabreichen. Mehrere Arten der Leukämie lassen sich jetzt erfolgreicher behandeln. So besteh n bei der lymphatischen Leukämie, an der besonders oft Kinder erkranken, durch Immunsuppressiva in Verbindung mit weiteren Maßnahmen aussichtsreiche Heilungschancen.
Ein Leben lang auf Immunsuppressiva angewiesen sind Patienten mit fremden Organen wie Herz oder Nieren. Nicht körpereigenes Gewebe wird von bestimmten weißen Blutkörperchen, den Lymphozyten, erkannt und vernichtet. Wird die Aktivität dieser Lymphozyten durch eine Behandlung mit Immunsuppressiva gehemmt, bestehen für das Transplantat bessere Überlebenschancen. Cyclosporin A hemmt ganz gezielt die verantwortlichen T-Lymphozyten. Mit diesem „Wundermedikament“ ist eine wesentliche Verbesserung der langfristigen Transplantationsergebnisse möglich geworden.
Bei Autoimmunkrankheiten (Abwehr richtet sich gegen den eigenen Körper) können Immunsuppressiva sowohl quälende Symptome lindern als auch ein Fortschreiten der Krankheit verlangsamen. Man zählt dazu Leiden, bei denen Gehirn, Gelenke, Bindegewebe und verschiedene Drüsen befallen sind. Das wohl bekannteste ist die chronische Polyarthritis (auch: Rheumatoide Arthritis). Wegen der beschriebenen Nebenwirkungen werden Immunsuppressiva bei langwierigen chronischen Erkrankungen jedoch nur gegeben, wenn andere Medikamente versagen.
Probleme
Die Behandlung mit Immunsuppressiva bringt besondere Probleme mit sich, weil nicht wenige Patienten einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sind, zusätzlich Krankheiten zu bekommen, die das Immunsystem sonst ohne weiteres abwenden würde. Ein normalerweise harmloser Keim kann für diese Patienten bereits gefährlich werden. Hinzu kommt, dass diese Keime oft nur schwer nachweisbar und deshalb mit den üblichen Antibiotika nicht in den Griff zu bekommen sind.