Heimfürsorge

Für Menschen, die unfähig sind, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, gibt es Heime, wo ihnen Fürsorge, Schutz und, falls nötig, ärztliche Behandlung geboten werden. In zahlreichen Einrichtungen wie psychiatrischen Kliniken, Kinderheimen, Altersheimen und Behindertenheimen wird für Menschen gesorgt, die unfähig sind, allein zurechtzukommen.

Krankenhäuser können diese fürsorgliche Betreuung im allgemeinen nicht bieten; ihre Aufgabe liegt vielmehr in einer intensiven Pflege und Behandlung für die relativ kurze Zeit bis zur Genesung des Patienten. Allerdings gibt es Krankenhäuser, in denen chronisch Kranke – und zwar sowohl körperlich wie geistig Kranke – gepflegt werden. In einem solchen Fall spricht man von Kranken- bzw. Pflegeheimen. In der Mehrzahl aller Fälle gehen Menschen aus freien Stücken in ein Heim. Es gibt allerdings wichtige Ausnahmen dieser Regel: Kinder, die keine Familie haben, müssen immer in der Obhut einer verantwortlichen Instanz sein, damit gewährleistet ist, dass sie sich den Umständen entsprechend bestmöglich entwickeln. Geistig kranke Patienten können unter bestimmten Voraussetzungen aufgrund eines Gerichtsbeschlusses in ein Heim eingewiesen werden.

Vorteil einer Heimunterbringung

Heime bieten zwei elementare Vorteile: Schutz vor jedwedem Schaden und vollständige Fürsorge für eine Person, auch in all den tagtäglichen Kleinigkeiten. Die Patienten machen das Heim zu ihrem Zuhause, und sie bekommen alles, was sie brauchen. Dazu kommt oft noch eine medizinische oder psychiatrische Betreuung. Im allgemeinen sind heilpädagogische Einrichtungen für behinderte Kinder und Altersheime nicht auf eine Heilung, sondern auf eine langfristige Pflege eingestellt. Sie sind für Menschen da, die keine Familie haben oder aber am besten gemeinsam mit anderen Menschen gepflegt werden, die ähnliche Probleme haben. Man weiß inzwischen jedoch, dass eine totale Betreuung auch Nachteile haben kann, da die Patienten in manchen Fällen den Willen verlieren, für sich selbst zu sorgen und ohne Hilfe zurechtzukommen. Es gibt viele Arten von Heimen für Kinder und Erwachsene, und sie sind darauf angelegt, speziellen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Heime für behinderte Kinder

In diesen Heimen werden Kinder und Jugendliche untergebracht, die heilpädagogischer Hilfe bedürfen. Es handelt sich dabei vor allem um Lernbehinderte, geistig behinderte, körperbehinderte und verhaltensgestörte Kinder. Sie können sehr laut, außerordentlich lebhaft und in ihrem sozialen Verhalten auffällig sein. Bei diesen Kindern besteht die Gefahr, dass sie sich schwer verletzen, indem sie beispielsweise mit dem Kopf gegen die Wand schlagen oder sich die Haut kratzen. Sie brauchen eine umfassende Betreuung, die nur unter den in einem Heim herrschenden Bedingungen gewährleistet sein kann.

Waisenhaus und Erziehungsheim

Diese Heime nehmen Kinder auf, deren Eltern gestorben oder die verlassen worden sind. Diese „Sozialwaisen“ stellen einen großen Teil der in Waisenhäuser untergebrachten Kinder. Sind Eltern nicht imstande, ein Kind angemessen aufzuziehen, wird dieses mit Einvernehmen der Eltern oder aber durch Beschluss des Vormundschaftsgerichts beziehungsweise ein Urteil des Jugendgerichts in ein Erziehungsheim eingewiesen. Die in Erziehungsheimen und Waisenhäusern untergebrachten Kinder leben nicht in der Abgeschiedenheit eines Heimes, sondern besuchen wenn möglich öffentliche Schulen. Sie haben die gleichen Rechte und Pflichten wie ihre Altersgenossen, die unter üblichen Bedingungen aufwachsen.

Heime für geistig Behinderte

Früher verbrachten Menschen, die als „geisteskrank“ eingestuft wurden, ihr ganzes Leben in riesigen Anstalten, die oft ihre eigenen Werkstätten und ihre eigene Landwirtschaft hatten. Die Pfleglinge waren dort vollkommen von der Außenwelt isoliert. Heute haben viele Heime für geistig Behinderte einen großen Stab von Mitarbeitern, deren ganzes Ziel darin besteht, Patienten wieder in die Gesellschaft einzugliedern. Die Arbeit in Werkstätten hilft ihnen, sich an die Routine des täglichen Lebens zu gewöhnen, Einkaufsbummel regen sie an, ihre Besorgungen selbst zu erledigen, und es gibt vielfältige Möglichkeiten der Entspannung und Freizeitgestaltung. Patienten mit einer chronischen schweren Geisteskrankheit müssen möglicherweise auf Dauer in einer psychiatrischen Klinik bleiben. Besonders schwer gestörte Menschen werden dann in geschlossenen Abteilungen untergebracht. Dank der modernen Psychiatrie ist dies allerdings nur noch in seltenen Fällen nötig.

Altersheime

Vielen alten Menschen gelingt es, in ihrem eigenen Zuhause zu bleiben, bis sie sterben. Wenn jemand jedoch kaum noch gehen kann und die Unterstützung von Verwandten oder der Sozialstation nicht reicht, ist eine Umsiedlung in ein Heim vernünftig. Und zwar nicht nur wegen der Pflege, sondern weil dort auch allerlei interessante Aktivitäten geboten werden – gemeinsame Ausflüge, Einkaufsbummel und so weiter. Es gibt Wohnanlagen, die speziell für alte Menschen gebaut sind. Dort werden sie von Fachkräften versorgt. Wer so wohnt, behält eine gewisse Selbständigkeit, ist nicht allein und genießt den entscheidenden Vorteil, nicht mehr selber kochen und putzen zu müssen.

Heime für Blinde und Taube

Bestimmte Einrichtungen, unterstützt von karitativen oder anderen Organisationen, kümmern sich um ganz spezifische Gruppen von Patienten, so etwa um die Blinden und Tauben. Sie haben nicht nur die Möglichkeiten zur Pflege und medizinischen Betreuung, sondern auch zur Berufsausbildung. Manche Heime haben ihre eigenen Werkstätten, wo die Pfleglinge arbeiten, wodurch sie in ihrem Selbstvertrauen gestärkt werden.

Vorüberlegungen

Bevor ältere Menschen in ein Heim gehen, haben sie gewöhnlich eine Unterhaltung mit ihrem Hausarzt oder der Gemeindeschwester. Die betreffende Person stellt vielleicht fest, dass das Kochen und die ganze Hausarbeit immer schwieriger zu bewältigen sind und es große Mühe kostet, mit tagtäglichen Problemen fertig zu werden. Wenn jemand in dieser Situation interessiert und bereit ist, wird ein Besuch in einem Heim arrangiert, und sobald dort ein Platz zur Verfügung steht, wird er dem Interessierten angeboten.

Zwangseinweisung

Die meisten Einweisungen in psychiatrische Kliniken erfolgen mit Einwilligung des Patienten: der Arzt empfiehlt eine bestimmte Therapie, und der Patient erkennt, dass ein Klinikaufenthalt unumgänglich ist. Unter bestimmten Voraussetzungen kommen Menschen auch ohne ihre Einwilligung in ein Heim, meistens dann, wenn sie verwirrt sind und für sich selbst und für andere eine Gefahr darstellen. Bei einigen extremen Formen von Geistesstörung, so etwa bei schweren Depressionen mit Neigungen zum Selbstmord oder im Falle von Schizophrenie, kann der Patient so krank und verwirrt sein, dass er sich einer Einweisung und Behandlung verweigert. Unter diesen Umständen kann er nach dem Gesetz in eine Klinik zwangseingewiesen werden.

Fürsorge in einem Heim

Viele Leute stellen sich Heime als große abschreckende Anstalten vor, deren „Insassen“ von der übrigen Gesellschaft streng abgeschirmt werden. Dieses Bild stimmt heute nur noch in den seltensten Fällen. Das Ziel der Fürsorge in einem modernen Heim besteht darin, eine Umgebung zu schaffen, die dem Leben in der Außenwelt möglichst nahekommt. Viele Heime für Kinder, ältere Menschen und Behinderte sind heute kleiner als früher. Oft sind es ganz normale Häuser in typischen Wohngegenden, so dass die Heimbewohner ohne weiteres mit anderen Menschen zusammenkommen können. Die Atmosphäre hängt in sehr hohem Maße vom Personal und von der Einstellung der Heimleitung ab. Es geht dabei nicht nur darum, die Grundversorgung sicherzustellen, sondern es soll eine herzliche, ungezwungene und freundliche Atmosphäre geschaffen werden. Kinderheime werden in der Regel von einer „Hausmutter“ oder einem „Hausvater“ geleitet. Den Kindern wird die ganze Liebe und Aufmerksamkeit entgegengebracht, die sie brauchen. Gleichzeitig gibt es aber Regeln, die genau festlegen, was erlaubt ist und was nicht – genau wie in einer Familie auch. Verhaltensauffällige Kinder sprechen gut auf Situationen an, in denen sie genau wissen, woran sie sind, und verstehen, was sie tun dürfen und was nicht. Oft sind ihre Probleme sogar darauf zurückzuführen, dass ihnen zu Hause jegliche Ordnung gefehlt hat. Verhaltensgestörte Heimkinder besuchen oft eine öffentliche Schule und beteiligen sich auch an Veranstaltungen des Hauses der Jugend oder der Kirche.

Integration in die Gemeinde

Institutionen für geistig oder körperlich Behinderte versuchen ebenfalls, die Heimbewohner so weit wie möglich in das Leben der Gemeinde zu integrieren. Doch allein schon die Schwierigkeiten beim Transport körperlich behinderter, Menschen bereiten oft ernsthafte Probleme. Heime sind in diesem Punkt sehr auf Hilfe von außen angewiesen. Der Übergang von großen geschlossenen Anstalten zu kleinen, in die Gemeinde integrierten Heimen verläuft nicht immer unproblematisch. Viele Leute haben falsche Vorstellungen von den möglichen Auswirkungen, die das Heim auf die Wohngegend haben könnte. Manchmal müssen die Heimleiter feststellen, dass die Nachbarn von Anfang an ihnen und den Heimbewohnern misstrauisch oder gar feindselig begegnen. Diese bedauerliche Einstellung macht es den Verantwortlichen sehr schwer, die Heimbewohner bestmöglich in die Gesellschaft zu integrieren.
Das gilt besonders für Heime, in denen behinderte oder geistig kranke Menschen untergebracht sind. Oft basieren solche negativen Vorurteile auf Furcht. Wenn die Leute im Ort die Heimbewohner und ihre Probleme erst einmal kennengelernt haben, verflüchtigen sich gewöhnlich die anfänglichen Schwierigkeiten. Auch Altersheime sind bemüht, ein möglichst freundliches und rühriges Umfeld zu schaffen. Es gibt regelmäßig Veranstaltungen und Ausflüge. Gesellige Kontakte unter den Heimbewohnern werden gefördert. Es ist nicht selten, dass die Bewohner eines Altenheims enge Freundschaften schließen und sich vielleicht sogar verlieben. Schon in vielen Altersheimen hat es deshalb Hochzeiten gegeben.

Entlassung aus einem Heim

Oft können Menschen, die einige Zeit in einem Heim gelebt haben, wieder in normale Wohnverhältnisse zurückkehren. Üblicherweise wird das von Kindern erwartet, die in Heimen aufwachsen, auch von Erwachsenen, die sich von psychischer Krankheit erholt haben. Für die Übergangsphase ist häufig noch Unterstützung durch Betreuer erforderlich.