Etwa 10 bis 20 % alle homosexuellen Männer sind oder waren in ihrem Leben mindestens ein Mal mit einer Frau verheiratet. Viele Männer, die mit Frauen verheiratet sind bezeichnen sich selbst als bisexuell, oft ist das jedoch nicht der Fall. Fragt man nach der Ehe genauer nach, hatten die Betroffenen die letzten Jahre nur noch sexuelle Kontakte zu anderen Männern.
Ein Grund für ein Eingehen einer Ehe wird bei älteren Homosexuellen häufig in den damals schwierigen gesellschaftlichen Bedingungen gesehen. So sind in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts einige homosexuelle Männer eine so genannte „Schutzehe“ mit einer hetero- oder auch homosexuellen Frau eingegangen, um einer gesellschaftlichen und beruflichen Ächtung sowie einer drohenden KZ-Einlieferung zu entgehen. Auch nach dem Nazi-Regime änderte sich an der gesellschaftlichen und auch politischen Haltung zuerst wenig, was sich zum Beispiel darin widerspiegelte, dass sexuelle Handlungen unter erwachsenen Männern strafbar waren.
Der einfachste Grund einer Ehe ist sicherlich in einer „aufrichtigen Zuneigung zum Ehepartner“ zu sehen. Einige Männer hatten den heterosexuellen Lebensstil von Heirat und eigenen Kindern übernommen und verinnerlicht und ein starkes Bedürfnis nach stabilen und dauerhaften Beziehungen entwickelt. Häufig wird allerdings von Abwehr- oder Verdrängungsprozessen in der Annahme der eigenen Homosexualität berichtet. Aufgrund negativer Bewertungen von Homosexualität in der Bevölkerung als „unnormal“, „pervers“, „krankhaft“ oder „sündhaft“ entwickelten einige Homosexuelle eine Stigmatisierungsangst. Um den an sie von der Gesellschaft gesetzten sozialen Erwartungen zu entsprechen, sind sie eine Ehe eingegangen.
32% der Frauen haben erst nach der Eheschließung von der Homosexualität des Mannes erfahren. Allerdings waren 35% der Frauen über die Homosexualität des Mannes vor der Ehe informiert. Einige Frauen haben die Homosexualität als eine „vorübergehende Phase“ abgetan. Sie fühlten sich stark oder attraktiv genug, und glaubten, ihren Mann von der Heterosexualität überzeugen zu können. Dabei scheint dem heterosexuellen ehelichen Verkehr insgesamt keine große Bedeutung beigemessen zu werden. Zwei Drittel der verheirateten homosexuellen Männer gaben an, die Sexualität in der Ehe als nicht so wichtig oder unwichtig zu sehen. Über ein Drittel der Männer hatte im Jahr der Untersuchung keinen Geschlechtsverkehr mit der Ehefrau.
Besonders Frauen, die kein großes Interesse an Sexualität haben, kann dieser Aspekt entsprechend gelegen kommen. Sie fühlen sich nicht wie von anderen sexuell-aggressiveren Männern belästigt und schätzen die rücksichtsvolle und zurückhaltende Art einiger homosexueller Männer. Sie halten diese Männer für sensibler und aufmerksamer und schätzen sehr, mit ihnen ohne Einschränkungen über alles reden zu können. Diese Beziehungen werden zunehmend platonischer und halten vor allem aufgrund nicht-sexueller Gemeinsamkeiten. Gehen diese verloren, kommt es zu einem Ende der Beziehung.
Hinterlasse jetzt einen Kommentar